Verheißungsvolle Zitate am Anfang eines Films können uns im Ansatz darauf vorbereiten, worum es thematisch gehen soll, welche Stimmung uns möglicherweise erwartet oder – leider wie im Fall von „Things heard & seen“- einen Film in gewissem Maße vorweg erklären. Das Mystery-Drama mit der frisch gebackenen Oscar-Nominierten Amanda Seyfried ist nämlich leider weniger mysteriös als dramatisch und macht seinem Titel alle Ehre – denn „Things heard & seen“ lässt sein Publikum wahrlich viel mehr hören und sehen, als es von Nöten gewesen wäre. Der Film ist seit 29.4. auf Netflix zu sehen.

von Madeleine Eger

Nachdem das Ehepaar Catherine (Amanda Seyfried) und George Claire (James Norton) zusammen mit ihrer Tochter Franny (Ana Sophia Heger) aufs Land gezogen sind, damit George seiner neuen Stelle an einem dortigen College nachgehen kann, wird die Familie kurz darauf von unerklärlichen übernatürlichen Aktivitäten heimgesucht. Das Licht flackert, das Piano beginnt von selbst zu spielen, Abgasgeruch zieht in der Nacht durch die Zimmer und schaurig leuchtende Auren bewegen sich immer wieder durch das Haus, das nach und nach seine grausige Vergangenheit preisgibt. Auf ungewöhnliche Weise scheint das neue Eigenheim sehr viel mehr mit der Claire-Familie verbunden zu sein, als zunächst angenommen.

Die Geschichte, die 2016 ursprünglich als Buch unter dem Titel „All things cease to appear“ von der Autorin Elizabeth Brundage veröffentlicht wurde, wurde nun von Regiepaar Springer Berman und Pulcini adaptiert und begreift sich eben als mysteriöses Drama, welches sich darüber hinaus noch zusätzlich der Horrorfilmnarrative bedient und damit als unausgewogener und zusehends überfrachteter Genremix daherkommt. Denn wo im Kern der Handlung versucht wird, eine zerrüttete und bis auf die Knochen toxische Ehe zu porträtieren, werden zusätzlich immer wieder Augenblicke eingestreut. die an ein klassisches Haunted House – Szenario angelehnt sind und nicht minder auf bekannten (und leider auch vorhersehbaren) Jump Scares aufbauen. Bedauerlicherweise bleibt bei der eigentlich sehr schweren und vor Allem schwierigen Ehesituation, die ebenso emotionale Abhängigkeiten und Gaslighting in nahezu perfekter und brutaler Weise sowie aufkeimende feministische Emanzipation abhandelt, einfach kaum mehr Spielraum für die übernatürlichen Kräfte, die nach und nach dabei sind, sich im Leben der Protagonisten zu manifestieren. Zu komplex ist die Ausgangssituation, in der sich Catherine und George wiederfinden und die letztendlich zum derben Fallstrick der im Grunde interessanten und aktuellen Geschichte wird.

Um die Problematik einer aus den Fugen geratenen Ehe, die sich in ihrer derben und schwarzen Romantik dem Publikum gefühlt sehr schnell Schicht für Schicht offenbart, entfalten sich dann auch noch immer mehr kurze Handlungsstränge mit zusätzlichen neuen Figuren, die allerdings kaum ihrem Potenzial gerecht werden können. Denn: die darin enthaltenen Charakterzeichnungen bleiben deutlich zu oberflächlich und lassen deren Entscheidungen überhastet sowie kaum nachvollziehbar wirken. Wenn beispielsweise George sich im Begriff sieht, mit Willis („Stranger Things“ Star Natalia Dyer) eine Affäre zu beginnen, entwickelt diese Züge, die die Geschichte hart im Kern treffen und sie zu einer der interessantesten Figuren des Films werden lassen könnte, oder gar den Verlauf und auch den Ausgang der Handlung weitaus spannender gestaltet hätte. Stattdessen wird es bei einer sehr kurzen, prägnanten Konversation belassen, um sich daraufhin wieder mit flackernden Lichtern und verfluchten Häusern mit ihren auf ewig verdammten Vorbesitzern zu widmen.

Wenngleich die dabei eingestreuten Horrorelemente zugegebenermaßen in ihrer technischen Ausgestaltung und auch oftmals mit der angewendeten Kameraführung zu überzeugen wissen, so fügen sie sich doch nur äußerst schwer in die Gesamtheit von „Things heard & seen“ ein. Ein Albtraum von Catherine, der durchaus kurz Erinnerungen an Filme wie „Hereditary“ hervorruft, visualisiert diese erzählerische Diskrepanz da nur allzu deutlich.

Darüber hinaus verfängt sich das Regieduo immer wieder in Bildern, die zu schnell zu viel von der Geschichte preisgeben, und es so viel zu selten seinem Publikum überlassen, selbst noch in die Abgründe der eigenen Vorstellungskraft einzutauchen und Handlungen aktiv zu kombinieren. „Things heard & seen“ wird also seinem Titel mehr als gerecht und zeigt dem Publikum einerseits alles, was es in Anbetracht der Genrekombination nicht wissen möchte, andererseits zu wenig, um tatsächliches Interesse an Figuren und Geschichte zu entwickeln.

Fazit

Zu schnell lässt sich „Things heard & seen“ durchschauen und verspielt dabei schlussendlich wichtige Spannungselemente. Ohne Haunted House-Anlehnung hätte der Film ein schwergewichtiges Drama mit Thriller-Elementen werden können, so bleibt leider außer ein paar nett anzusehenden Bildern nicht viel mehr als zehrende Langeweile und Enttäuschung übrig. Schade.

Rating

Bewertung: 3 von 10.

Bilder: (c) Netflix