Missy Magazine 03/21, Serienaufmacher
© ZDF/© Frank Dicks

Von Amina Aziz

The first thing you do is to forget that I’m Black. Second, you must never forget that I’m Black.“ Diese Zeilen aus dem Gedicht „For The White Person Who Wants To Know How To Be My Friend“ der Schwarzen, lesbischen Feministin Pat Parker fallen mir ein, wenn ich über „Breaking Even“ nachdenke. Ich geb’s zu: Ich habe die Serie nur angefangen, weil mich eine schick gekleidete Schwarze Frau in der Werbung dazu vom Bildschirm aus verleitete. Eine deutsche Serie mit einer dark-skinned Schwarzen Frau in der Hauptrolle, die keine Reinigungskraft oder Geflüchtete ist – kann das wahr sein?! Was die deutsche Serien- und Filmlandschaft rassifizierten Menschen meist antut, sind stereotype Nebenrollen, gerne mit Akzent. Zum Wegschalten. Bei dieser Serie aber schalte ich ein. Auch, weil sich online unter #SaveBreakingEven Protest gegen die vom ZDF kürzlich bekannt gegebene Absetzung formte. Wie von den Macher*innen von „Bad Banks“ und „Hindafing“ zu erwarten, sind Ästhetik, Kamera und Ton zeitgemäß. Es geht unaufgeregt los und, puh, ohne exotisierende Darstellungen Schwarzer Menschen. Die Handlung ist schnell erzählt: Nora Shaheen (Lorna Ishema) arbeitet als Anwältin für den familiengeführten Automobilkonzern Lindemann. Beim Versuch, den tödlich endenden Unfall eines selbstfahrenden Autos zu vertuschen, kommen nach und nach dunkle Geheimnisse der Familie Lindemann ans Licht. Der Fall entwickelt sich zu etwas Größerem und Shaheen will dem nachgehen. Dabei trifft sie auf Jenny (Sinje Irslinger), die mit ihrem Großvater in einem Wohnwagen lebt und versucht, dem Mörder ihrer Mutter auf die Spur zu kommen. Diesen vermutet sie unter den Lindemanns. Gegensätze prägen das Geschehen: Arm gegen Reich, Großkapital und seine Gegner*innen, die Geschwister Shaheen verstehen sich gut, die Geschwister Lindemann streiten nur. Doch wie konnten die Lindemanns als angeblich jüdische Familie trotz nationalsozialistischer Enteignung überhaupt so reich werden? Solange diese Frage in der Serie nicht geklärt ist, erscheint die Darstellung der Familie erschreckend klischeehaft und reproduziert antisemitische Stereotype. Gerade als ich mehr erfahre, endet die Serie. Shaheen mitten in ihren Ermittlungen. Bei all der Spannung vergesse ich, dass sie Schwarz ist. Aber ich vergesse nicht, dass sie Schwarz ist. Das ist, was die Serie besonders macht.

„Breaking Even“ ist abrufbar in der ZDF-Mediathek

Dieser Text erschien zuerst in Missy 03/21.